Die Salinen Conti Vecchi: Das weiße Gold Sardiniens

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Wer hat Lust auf eine Reise in die Welt des Salzes? Wir! Deshalb haben wir uns in den Salinen Conti Vecchi auf Sardinien umgeschaut, die zu den ältesten und größten Europas gehören.


Stefano Marcato schaut uns erwartungsvoll an: „Und wie schmeckt's?“, fragt er. „Salzig!“, stellen wir fest. Und gar nicht schlecht. Was wir da gerade probiert haben, nennen Köche „Queller“ oder „Meeresspargel“. „Das passt besonders gut zu Fischgerichten“, erklärt der Guide und pflückt weitere schmackhafte grüne Stängel vom Wegesrand.

Die Landschaft um uns herum birgt einige Überraschungen. So öde die Salinen Conti Vecchi bei Santa Gilla auf der einen Seite wirken, so vielfältiges Leben beinhalten sie auf der anderen. Man muss nur genau hinschauen!

 

Als erstes stechen die Flamingos ins Auge. Rund 15.000 davon bevölkern die Lagune – unübersehbar mit ihrem rosa Gefieder. Aber woher kommt das Rosa überhaupt? Guide Stefano kennt die Antwort: „Eigentlich ist das Gefieder grau“, stellt er klar. „Aber es wird durch die Nahrung rosa.“ Die besteht insbesondere aus Salinenkrebsen. Und die wiederum erhalten ihre rosa Färbung durch eine eine Alge: Die „dunaliella salina“ weist einen hohen Betacarotin-Gehalt auf. Auch das Wasser in den Salzbecken schillert deshalb in sattem Purpur. Wasser, Krebse, Flamingos – alles bekommt eine rosarote Farbkur à la Mikroalge verpasst.

 

Aufgrund ihres hohen Betacarotin-Gehalts verleiht die Mikroalge „dunaliella salina“ dem Wasser eine gold-purpurne Farbe.

Da das rote Wasser die Salinenkrebse färbt und die wiederum Hauptnahrung für die Flamingos sind, ist die Alge am Ende auch für die pinken Flamingofedern zuständig.

 

Als vor rund 100 Jahren der Salzanbau startete, sah es hier allerdings alles andere als rosa aus.

Die Lagune von Santa Gilla war malariaverseucht. Vor allem die Kinder wurden zum Opfer der Krankheit, die Sterblichkeitsrate war hoch. Aber auch Erwachsen hatten mitunter ein Leben lang unter den Beeinträchtigungen zu leiden.

Für den Ingenieur Luigi Conti Vecchi ein unhaltbarer Zustand. Er machte es sich zur Aufgabe, diese zerstörerische Natur zu zähmen und griff dafür eine alte Idee auf: den Salzanbau. Schon die Römer exportierten sardisches Salz – es ist einer der klassischen Schätze der Insel. Unter dem Motto „Lebt im Einklang mit der Natur“ entwickelte Conte Vecchi einen Plan zur Salzgewinnung für die rund 2700 Hektar Problem-Land, die im Süden an das Meer, Cagliari und die Städte Elmas, Assemini und Capoterra grenzen.

1925 waren die Arbeiten weitgehend abgeschlossen, die Salinen Conti Vecchi nahmen die Arbeit auf.

Und zwar mit einem für damalige Verhältnisse in Europa revolutionären Konzept: Auf dem 2700 Hektar großen Gebiet entstand neben den Anbauflächen und Verarbeitungsstätten eine komplette eigene Stadt. Mit Schulen für die Kinder, Fußballvereinen, Kirche und Heimatfesten. „Was sehr ungewöhnlich war: Die Arbeit in den Laboren erledigten die Frauen, während die schwere Arbeit in den Salzfeldern Männersache war“, erläutert Stefano Marcato. Vorher erhielten die Arbeiterinnen eine fundierte chemisch-biologische Ausbildung.

Rund 240.000 Tonnen ernteten die „Salzbauern“ oder auch „Seebauern“ – so die offizielle Berufsbezeichnung – im Jahr 1940.

Doch mit dem Zweiten Weltkrieg brach die Produktion in den Salinen von Conti Vecchi ein.

Große Teile von Cagliari und Umgebung wurden zerstört. Die schwächelnde Wirtschaft sorgte für einen Emigranten-Boom. „Und die Malaria kehrte zurück“, schildert der Guide das düstere Kapitel.

Lange fand die Regierung keine Antworten auf die Krise. Auch der Versuch, Sardinien mit Hilfe der Petrochemie wiederzubeleben, scheiterte. Im Gegenteil: Der Industriezweig sorgte für Umweltverschmutzung und Industriebrachen. Am Ende siegte die „saubere Industrie“: „Für Salzgewinnung braucht man lediglich Seewasser, Sonne und Wind“, erklärt Marcato, warum die Salinen von Conti Vecchio heutzutage wieder erfolgreich arbeiten.


 

Wie läuft denn der Prozess der Salzgewinnung in den Salinen nun genau ab?

Alles beginnt mit Meerwasser. 35 Gramm Salz sind in einem Liter enthalten, die gilt es dem Wasser zu entreißen. Dafür wird das Meerwasser im März zunächst in die Verdunstungsbecken gepumpt. Wenn es Anfang Mai 260 Gramm pro Liter erreicht hat, geht es weiter in die Salzbecken. Hier fällt das Salz aus und sinkt zu Boden. Beim Verdunstungsprozess helfen die Sommersonne und der Mistral-Wind kräftig mit. Je höher die Salzkonzentration, desto intensiver die durch die Alge verursachte Färbung.

Am Ende des Sommers hat sich am Boden der Becken eine rund 20 Zentimeter dicke Salzschicht angesammelt.

Nun ist es Aufgabe der Seebauern, das Salz zu ernten und zu den Sammelplätzen zu bringen. Von den rund 450.000 Tonnen Salz, die hier jährlich produziert werden, landet der größte Teil in der Lebensmittelwirtschaft. Vor allem die edlen Sorten wie das grobe Meersalz oder das von Hand geerntete „Fior die Sale“ erfreuen sich großer Beliebtheit.

 

Und was machen die Salinen im Winter?

Während die Salzberge langsam wieder schrumpfen, kehrt neues Leben ein in der Mondlandschaft. Jetzt kommt die Zeit der Zugvögel. Rund 35.000 Exemplare, verteilt auf 40 verschiedene Vogelarten, nutzen die Lagune zum Überwintern. Mittendrin 15.000 pinke Farbtupfer – die Flamingos. Conti-Vecchis Motto geht auch 100 Jahre später noch auf:

 
„Im Einklang mit der Natur.“
 

Schon die Römer hatten den Wert des "weißen Goldes" erkannt und exportierten sardisches Salz.


Entdecker-Info

Seit 2017 können Besucher die Salinen Conti Vecchi besichtigen. Möglich macht das eine Kooperation mit der Denkmalpflegestiftung FAI, dem Fondo Ambiente Italiano.

Für die Besucher geht es mit einer Bimmelbahn durch die Salzfelder. Auch einen Blick ins ehemalige Labor können sie werfen. Ein Dokumentarfilm informiert über Salzgewinnung früher und heute an dem Standort.

Weitere Infos, leider nur auf Italienisch, gibt es auf der Homepage der Stiftung.

In den Salinen von Conti Vecchi wird seit fast 100 Jahren Salz gewonnen.

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Entdecker-Dank

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Unser Entdecker-Dank geht an die Handelskammer von Cagliari, die diese Entdecker-Story im Rahmen einer gesponserten Recherchereise ermöglicht hat. Unsere Meinung bleibt davon selbstverständlich unbeeinflusst.

6 Comments

  1. Liebe Ines-Bianca,
    den Begriff Salzbauer habe ich noch nie gehört, ist aber doch sehr treffend. In Südfrankreich haben wir uns auch mal eine Saline angeschaut. Ist schon beeindruckend, wie man mit so wenig (Meer, Sonne und Wind) Salz produzieren kann.
    Liebe Grüße

    Alex

    • Ines-Bianca sagt:

      Liebe Alex,
      das hat mich auch fasziniert: Diese Technik ist wirklich jahrhundertealt. Nur, dass man heutzutage natürlich Pumpen und Bagger statt Schaufeln einsetzt. Ansonsten eine sehr nachhaltige Art der Lebensmittelproduktion!
      Viele Grüße!
      Ines-Bianca

  2. Barbara sagt:

    Hallo Ines-Bianca,
    wow, ist das interessant! Mal wieder so eine richtig gut recherchierte und fundierte und überaus interessante Entdecker-Story! 🙂
    Dass da so viel dahinter hängt, hätte ich nie gedacht. Ich kann mich richtig rein versetzen und wäre am liebsten vor Ort. Aber heute; Malaria möchte ich mir nämlich keine einfangen… Queller gibt’s hierzulande übrigens selten, aber in Gourmet- und Foodblogger-Kreisen spricht man ab und zu davon. Für mich auf dem Land fast nicht zu kriegen, aber echt speziell.
    Inzwischen gibt’s bei Meersalz ja Bedenken, weil oft nicht unerhebliche Anteile an Plastik drin sein sollen. Habt Ihr darüber etwas erfahren; macht das den Menschen dort Sorgen? Ich muss zugeben, ich kaufe trotzdem Meersalz…
    Liebe Grüße
    Barbara

    • Ines-Bianca sagt:

      Liebe Barbara,
      erst einmal herzlichen dank für so ein tolles Lob! 🙂
      ich fürchte, man liest es uns immer sehr schnell von den Storys ab, wenn uns etwas richtig gepackt hat … 😉
      Zu Deinen Fragen: Das Fleur de Sel macht dort tatsächlich nur einen kleinen Teil der Produktion aus. Das normale Salz sinkt ja in den Verdunstungsbecken nach unten und wird nicht an der Oberfläche abgeschöpft … insofern ist es auch relativ unbelastet von den Mikroplastikteilchen, die eben naturgemäß vor allem an der Oberfläche treiben …
      Auch Sardinien ist nicht nur die Insel der Glückseligen – allerdings hat die Insel schon einiges hinter sich an Spätfolgen durch die Petrochemie oder den Abbau verschiedenster Bodenschätze in früheren Zeiten. Hier scheint mir im Augenblick die Freude zu überwiegen, so Vieles wieder ins Lot gebracht zu haben. Wir waren aber auch nicht im stark touristischen Norden; ich kann also nicht genau sagen, wie das dort aussieht.
      Und den Queller kann man übrigens bestellen! Da der unter anderem auch im Watt wächst, habe ich den in den Niederlanden schon im ganz regulären Geschäft gesehen. Da gab’s den auch im Fisch-Restaurant als Salat. Lecker! 🙂
      Ganz liebe Grüße!
      Ines-Bianca

  3. Angela sagt:

    Liebe Ines-Bianca,

    das ist ja wieder eine spannende Entdecker-Story. Vor allem die Geschichte finde ich höchst interessant, dass der Salzabbau praktisch gegen die Malaria eingeführt wurde. Nun hätte ich gern noch die Flamingos gesehen – und habe auch schon Vermutungen angestellt, warum die am einen Ort röter sind als an anderen … Sehr interessante Zusammenhänge werden da klar.

    Liebe Grüße
    Angela

    • Ines-Bianca sagt:

      Liebe Angela,
      das Flamingo-Foto ist wirklich weit weg, da haben die Entdecker sich diesmal nicht mit Ruhm bekleckert!
      Ansonsten ist es tatsächlich die Nahrung, die den Ausschlag gibt: Dort, wo die Flamingos viele Algen und/oder Krebse futtern, ist ihr Gefieder besonders rosa. Das ist quasi der gleiche Farbstoff wie in Karotten oder Kürbissen oder Apfelsinen. Es gibt ja auch Babys mit diesen typischen orangeefarbenen Möhren-Gesichtern … 🙂 Bei Flamingos lagern sich diese Farbstoffe im weißen Gefieder ab – und schwupps! werden sie zum rosa Kultobjekt! 🙂
      Wir lieben unnützes Wissen! 🙂
      Ines-Bianca

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