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Burg mit dunkler Vergangenheit

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Eine dreieckige Burg?

Das ist ja wie bei "Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt"! Und es gibt noch mehr Ähnlichkeiten: Auch hier ist es ganz schön schaurig. Und das, obwohl wir nicht in Schottland mit seinen legendären Geisterschlössern sind - sondern mitten im Paderborner Land.

Unser Ziel ist heute die Wewelsburg. Im Vergleich zu anderen Burgen, die oft noch aus dem Mittelalter stammen, ist sie noch gar nicht so alt: Dietrich IV. von Fürstenberg ließ sie von 1603 bis 1609 als Zweitresidenz errichten. Allerdings gab es an dieser Stelle vorher schon Gebäude, die der Fürstbischof von Paderborn kurzerhand überbauen ließ. Und zwar in der Form eines Dreiecks, angepasst an die Felszunge, auf der die Burg mit ihren drei mächtigen Türmen über dem Almetal thront.

 

Warum besuchen so viele Leute diese Burg?

Sie ist nicht nur die einzige Dreiecksburg Deutschlands, sondern in ihr befindet sich auch eine beliebte Jugendherberge. Dann gibt es da außerdem das "Historische Museum des Hochstifts Paderborn".


Und noch einen dritten Grund gibt es: In der Zeit des Nationalsozialismus baute Heinrich Himmler die Burg zu einer Versammlungsstätte der SS aus. Sogar eine Gruft und einen so genannten "Obergruppenführersaal" mit Nazi-Symbol ließ er errichten. Dafür setzte er Häftlinge aus einem eigens errichteten Konzentrationslager ein. Viele kamen ums Leben. Über diese düstere Zeit informiert die Dauerausstellung in der Gedenkstätte im ehemaligen Wachgebäude.

Ich finde aber: Das ist noch kein Kinder-Thema.

Deshalb geht es in meiner heutigen Entdeckerstory um den Rest der Burg. Ich kann euch versprechen: Das ist schon schaurig genug! Manchmal kann Geschichte ganz schön gruselig sein ... Und auch auf Bilder aus den Räumen, die Himmler in Auftrag gegeben hat, verzichten wir bewusst, seitdem wir gehört haben, dass die Burg deswegen heutzutage noch Neo-Nazis anzieht.

Auf durchs Burgtor!

In der Eingangshalle bezahlen wir Eintritt und bekommen Audio-Guides. Das Gute ist: Für Kinder und Jugendliche gibt es spezielle Angebote. Mein Programm macht mich mit "Falko" bekannt, dem Falken-Maskottchen der Wewelsburg. Der gibt mir auch den guten Tipp, in den Ausstellungsräumen nach Bildern von ihm zu suchen. Dort verbirgt sich in einer Schublade stets etwas Besonderes für neugierige Kinder wie mich: ob Kostüme zum Anprobieren oder Spiele, die schon Kinder vor 500 Jahren kannten.

Im ersten Raum stoßen wir direkt auf eine Ritterrüstung. Falko zeigt mir hier außerdem ein Kettenhemd, das ich überstreifen darf. Ganz schön schwer! Aber Mama und Papa sind schon durch die nächste Tür. Ui, da geht eine steile Treppe hinunter, und es wird deutlich kälter.

Was erwartet mich wohl hier?
 

Gefangen im Verlies

Wir landen: im Verlies. Wie stellt ihr euch das vor? In den Abenteuergeschichten befreien sich die Helden früher oder später aus ihren kalten und feuchten Gefängnissen. Aber wie war es wirklich? Hier bekomme ich eine Ahnung davon. Die Gewölbe sind kalt und ungemütlich. Ketten hängen an der Wand. Am schlimmsten ist aber der Verhörraum mit den Folterwerkzeugen und der Loge, von der aus die strengen Richter zuschauen konnten. Wer als "Hexe" oder "Zauberer" einmal in die Fänge der Inquisition geriet, hatte keine Chance mehr! Zwei Hexenprozesse fanden hier 1631 statt. 1657 starb hier ein Mensch, den man beschuldigte, ein Werwolf zu sein.

Was für dunkle Zeiten das waren! Ich bin froh, dass ich im 21. Jahrhundert in einem relativ sicheren Land leben darf!

Reise in die Vergangenheit

Zum Glück sind die anderen Räume harmloser. Wir reisen einmal quer durch die Geschichte: Es gibt Ausstellungsstücke aus der Steinzeit, ein Stück eines alten Handelsweges - des Hellwegs - mit Wagenspuren, die 800Jahre alt sind, und Architekturzeichnungen aus der Zeit des Burgbaus.

Auch darüber, wie Menschen damals lebten und arbeiteten, erfahren wir viel. Die Adeligen mussten ganz schön unbequeme Kleidung tragen. Dafür konnten sie es sich leisten, in einer Nische, die an anderer Stelle die Kammer eines Küchenmädchens war, eine einzige wertvolle Kommode aufzustellen.

Bei den kirchlichen Kunstgegenständen finde ich in einer Ecke ein Modell, das demonstriert, welche Bühnentechnik Theaterleute vor mehreren hundert Jahren verwendet haben. Schon ganz schön ausgeklügelt!

So macht es Spaß, in vergangenen Jahrhunderte einzutauchen!

In der Wewelsburg wird Geschichte erlebbar: mit ihren hellen, aber auch dunklen Seiten.


Ursprünglich war die Burg mal im Stil der Weserrenaissance erbaut, doch die Nazis ließen den Putz abschlagen.

Entdecker-Info

Das Historische Museum des Hochstifts Paderborn sowie die Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933 - 1945 sind zu folgenden Zeiten geöffnet:


*dienstags - freitags: 10 - 17 Uhr


*samstags, sonntags und feiertags: 10 - 18 Uhr


Der Besuch der Gedenkstätte ist kostenlos, für den Eintritt ins Museum zahlen Erwachsene drei Euro, ermäßigt 1,50 Euro. Die Familienkarte kostet sechs Euro.

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CJ
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8 Comments

  1. Sissi sagt:

    Hallo, ich finde Burgen und Schlösser immer spannend! Es sind die vielen Geschichten, die sich darum ranken, wie von dir hier so anschaulich erzählt.
    Vielleicht interessiert dich/euch auch meine Burg-Geschichte aus der Slowakei? https://travelcontinent.at/burg-trencin-und-seine-liebeslegende/
    lg Sissi

    • CJ sagt:

      Danke für das Kompliment! Dann macht Schreiben gleich noch mehr Spaß. Wir schauen gern mal rein beim slowakischen Schloss! Die Slowakei kennen wir nämlich noch gar nicht!

  2. Victoria sagt:

    Ganz schön spannend, eine Jugendherberge getarnt als Burg 😀 Für Kinder ist es bestimmt toll, dort zu nächtigen (für Erwachsene auch), Geschichtsunterricht zum Anfassen 🙂

    • CJ sagt:

      Da hast du schon Recht! Aber bei der dunklen Geschichte dieser Burg dürfen die Kids, die dort hinfahren, auch ruhig ein bisschen älter sein. Das ist ganz schön gruselig mit dem Verlies und erst recht später mit der Nazi-Kultstätte. 🙁

  3. Ein spannendes Ausflugsziel, das ich so gar nicht auf dem Schirm hatte.
    Ich frage mich allerdings gerade, wieso viele (nicht nur du) die Gräuel des Mittelalters und der frühen Neuzeit wie Inquisition und Hexenverfolgung durchaus als schön-schaurig kindgerecht empfinden, die Nazi-Vergangenheit als Eltern aber lange als Tabu-Thema behandeln. Soll jetzt kein Vorwurf sein, interessiert mich wirklich. Weil es bei den Hexen weniger Befindlichkeiten gibt und man weniger „falsch machen“ kann? Oder ganz einfach, weil man die Hexenverfolgung durch den langen zeitlichen Abstand besser auf wenige Sätze verkürzen kann, während der Nationalsozialismus ein komplexes Minenfeld ist, zu dessen vielen Aspekten man sich selbst immer wieder neu positionieren muss? – Also, auf jeden Fall auch Danke für den Denkanstoß auf dieser Ebene! 🙂
    Und: Wenn euch Hexen interessieren, empfehle ich euch auch das Museum im „Hexenbürgermeisterhaus“ in Lemgo!

    • Ines-Bianca sagt:

      Oh, da ist viel Diskussionsstoff drin in Deinem Kommentar! Heute antworte mal ICH für den kleinen Entdecker!
      In diesem Fall war es etwas anders gelagert: Die reinen Andeutungen im Hexenkeller haben unseren Sohn schon so gefordert, dass wir ihm nicht obendrauf an diesem Tag auch noch das Thema Nationalsozialismus zumuten wollten. Ich habe anschließend einen Blick in die Gedenkstätte geworfen und festgestellt, dass das für ein Kind einfach noch sehr starker Tobak ist.
      „Schaurig-schön“ ist auch in Bezug auf das Thema Hexenverfolgung nicht der richtige Ausdruck. Er war schon mittelmäßig erschüttert, und in die Blog-Geschichte hat das Verlies erst gefunden, als wir das Thema durchgesprochen und ein wenig geschichtswissenschaftlich hinterlegt hatten, um Abstand zu schaffen.
      Und dann hast du natürlich ganz richtig erkannt, dass der zeitliche Abstand durchaus einen Unterschied macht. Ganz klar auch in der Dokumentation: Alte Stiche von brennenden Scheiterhaufen sind grässlich – aber noch um ein Vielfaches furchtbarer sind Fotografien von Leichenhaufen neben dem KZ-Zaun. Er kennt jetzt schon viele Teilaspekte des Themas Nationalsozialismus – ein Reichstagsbesuch zum Beispiel kommt nicht ohne NS-Zeit aus. Er hat Berichte von Omi und Opi aus ihrer Kindheit in den zerbombten Städten gehört, und wir haben ihm natürlich einen ersten geschichtlichen Rahmen dafür geschaffen. Bald werden Kinder- und Jugendbücher über die Zeit und ihre Protagonisten dazukommen. Parallel dazu wird das Thema in der Schule aufgegriffen. Immer der jeweiligen Altersstufe angepasst. Es ist also keineswegs ein Tabu-Thema bei uns – aber eines, das meiner Ansicht nach eine gezielte Vorberitung und Begleitung braucht. Die (in relativ modernen Medien und Augenzeugenberichten) dokumentierten Gräuel eines Konzentrationslagers mit Massenmorden an genau der Stelle, an der wir uns gerade befinden, wollten wir einem gerade erst zehn Jahre alt gewordenen Jungen nicht zumuten. Es überfordert ja schon oft mich als Erwachsene, die sich im Studium wirklich intensiv damit beschäftigt hat …
      Wenn er älter wird, wird das Thema also wahrscheinlich durchaus hier im Blog auftauchen. Allerdings werden wir auch dann wohl in der Einleitung darauf hinweisen, dass manche Fakten für Kinder manchen Alters noch schwer zu verdauen sind …
      Wie macht ihr das als Familie? Wie alt sind die Kinder? Und wie geht ihr mit schwierigen Themen um?

  4. Worthseeing sagt:

    Ganz schöne aufregender Ort, besonders für Kinder, denke ich mal! Ist gar nicht so weit von mir entfernt und kannte ich bislang nicht. Werde ich mal mit einem Besuch des Paderborner Lands kombinieren.

    • Ines-Bianca sagt:

      Auch hier antworte ich mal als Entdecker-Mama: Die Wewelsburg ist ein sehr spezieller Ort! Worauf ich bei Kindern achten würde: Die beiden Themenkomplexe Hexenverfolgung und NS-Zeit würde ich auf jeden Fall vorher kindgerecht vorbereiten. Der kleine Entdecker ist im Hexenkeller erstmal drei Schritte zurückgewichen, und die Ausstellung über das Dritte Reich haben wir ihm dann (noch) nicht zumuten wollen. Aber abgesehen davon bietet die Gesamtausstellung sehr viele spannende Themen für Kinder und ist auch pädagogisch toll aufbereitet!

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