parallax background

Sandstein: Das Gold der Baumberge

Typisch römisch: Effektvoll flattern die Fahnen vor dem LWL-Römermuseum Haltern im Wind.
Römermuseum Haltern: Die Spuren der 19. Legion
12. Oktober 2020
Jetzt im Herbst steht der Betrieb auf Hof Löbke ganz im Zeichen von Kürbis und Co.
Den Herbst genießen auf Hof Löbke
8. Oktober 2021
Typisch römisch: Effektvoll flattern die Fahnen vor dem LWL-Römermuseum Haltern im Wind.
Römermuseum Haltern: Die Spuren der 19. Legion
12. Oktober 2020
Jetzt im Herbst steht der Betrieb auf Hof Löbke ganz im Zeichen von Kürbis und Co.
Den Herbst genießen auf Hof Löbke
8. Oktober 2021


Auf den Spuren des Sandsteins

Heute geht es um Baumberger Sandstein.
Das beliebte Baumaterial stammt – der Name sagt es bereits – aus den Baumbergen im westlichen Münsterland.
Wir begeben uns auf Entdeckertour! Wer kommt mit?

Entstanden auf Grundlage eines Instarides mit der LWL-Baukultur, der Baukultur am Sandstein-Museum und dem
 
„Weich“? Das ist relativ!

Klock-klock-klank. Der Stein auf der Arbeitsplatte bleibt weitgehend unbeeindruckt von unseren Bemühungen mit Klüpfel und Meißel. Noch ein beherztes „Klonk“ – da springt die gerade mühsam herausgetriebene Spitze ab, und der Weg zum (zugegebenermaßen abstrakten) Einhorn endet in rieselndem Staub. Rieke Köhler vom Team des Baumberger-Sandstein-Museums schmunzelt. Sie gibt Bildhauerkurse und kennt die Tücken des Materials, das wir hier gerade bearbeiten. Zwar gilt Sandstein als eher weichere Gesteinsart – aber das macht es nicht unbedingt einfacher für den Anfänger. „Da merkt man erst einmal, wie schwierig diese Arbeit ist“, erzählt die Steinbildhauerin. „Zumal sich das Werkzeug eigentlich seit Jahrhunderten nicht verändert hat.“

 

Der Marmor des Münsterlandes

Wie sind die Entdecker auf den Sandstein gekommen? Auf Einladung des Kreises Coesfeld, der LWL-Baukultur und der Baukultur am Sandstein-Museum. Sie wollten uns den Sandstein, der aus den Baumbergen im westlichen Münsterland stammt und das prägende Baumaterial der Region ist, im Rahmen eines #instaride näher bringen. Nicht umsonst trägt der Sandstein den Beinamen „Der Marmor des Münsterlandes“. Da wir vor allem seine warme, goldgelbe Farbenvielfalt lieben, haben wir die poetischere Umschreibung „Das Gold der Baumberge“ gewählt.

 

Unsere Tour auf den Spuren des goldgelben Steins beginnt am Wahrzeichen der Baumberge: dem Longinusturm. 1897 bis 1901 im Auftrag des Baumberge-Vereins entstanden, ist er nach dessen Vorsitzendem Dr. Fritz Westhoff benannt: Der war nämlich ein stattliches Mannsbild und erhielt schnell den Spitznamen „Dr. Longinus“.

Ursprünglich bestand das markante Bauwerk nur aus dem unteren Teil aus Sandstein. Zwar wurde der Turm in den Weltkriegen bereits für militärische Zwecke wie Funkverkehr und Fliegerbeobachtung genutzt, seine Aufbauten erhielt er allerdings erst nach dem Krieg von der Bundespost. Die behob die Kriegsschäden, verpasste dem Turm im Gegenzug die oberen Plattformen und ernannte ihn zur „Fernmeldestelle“ Baumberge für das Telefonnetz im westlichen Münsterland. „Außerdem kamen die Menschen so früh in den Genuss des Fernsehens“, ergänzt Marina Kallerhoff vom Kreis Coesfeld. „1952 wurde hier zum ersten Mal in Westdeutschland öffentliches Fernsehen gezeigt.“

 
Zu robust für einen Terroranschlag

Einen Schreckmoment erlebte der Turm im Jahr 1979: Um die Ausstrahlung der Fernsehserie „Holocaust“ zu verhindern, verübten Rechtsradikale einen Sprengstoffanschlag auf das Bauwerk. „Sie verfehlten aber ihr Ziel in doppelter Hinsicht“, kann sich Kallerhoff ein Schmunzeln nicht verkneifen. Denn inzwischen war bereits der nahe gelegene WDR-Sender Münster-Baumberge für die Ausstrahlung verantwortlich. „Zum anderen war der massiv gebaute Longinusturm so robust, dass am Bauwerk selbst nur geringe Schäden entstanden.“

Noch ein paar Eindrücke rund um Turm, Sandstein und Entdeckerfreude gefällig?
 
Grandiose Aussicht auf die Baumberge

Ob der Longinusturm durch die Aufbauten „verschandelt“ wird oder nicht, ist Geschmackssache. Auf jeden Fall lohnt sich der Aufstieg, denn die Sicht über die Baumberge ist grandios: auf der einen Seite die Stadt Münster, auf der anderen bereits die Niederlande in Sichtweite – und mittendrin eine lieblich-grüne Hügellandschaft. Von hier aus sehen wir auch schon unser nächstes Ziel: den Steinbruch Fark.

Na, dann mal rauf aufs E-Bike und losgeradelt zur nächsten Etappe im Zeichen des Sandsteins!

Hier kommt der Sandstein her: Besuch im Steinbruch Fark

Der Steinbruch Fark ist einer von drei Steinbrüchen in den Baumbergen, die noch aktiv betrieben werden. „Und zwar in achter Generation“, weiß Dr. Joachim Eichler, Leiter des Baumberger-Sandstein-Museums. Seit mehr als 1000 Jahren wird in den Baumbergen Sandstein abgebaut.

Ihre Blütezeit erlebten Abbau und Verbreitung im Mittelalter, die Hansezeit tat ein Übriges, um das Baumaterial in die Welt hinauszutragen. Auch der westfälische Bauernkamin im Entdecker-Haushalt ist aus Baumberger Sandstein. Kaum zu glauben, dass die Steinquader, die aus dem Oberen Kreidezeitalter stammen, rund 80 Millionen Jahre auf dem Buckel haben!

Abbautechnik wie vor 500 Jahren

Ebenso faszinierend: die Abbautechnik. Die hat sich nämlich im Laufe der Jahrhunderte kaum verändert: „Man bohrt tiefe Löcher und treibt Keile hinein“, erläutert Eichler. Tatsächlich kann man die Spuren an den Quadern deutlich erkennen. Allerdings ist inzwischen schweres Gerät im Steinbruch eingezogen, wie man an den Baggern erkennt.

Die Fauna stört das nicht: „Es gibt sogar zwei Uhu-Nester hier“, weiß der Sandsteinexperte. „Ungefähr bei jedem zweiten Besuch bekomme ich einen Uhu zu Gesicht.“

Wir hingegen sind heute glücklos. Oder auch nicht: Denn unsere Gastgeber verwöhnen uns zum Abschluss mit einem exklusiven Picknick im Steinbruch, der leider nicht zugänglich für die Öffentlichkeit ist.

Wo Häuser Schlösser sind

Ähnlich verhält es sich mit Haus Havixbeck und Haus Stapel: Beide Ensembles sind im Privatbesitz und im Normalfall nicht zugänglich. Im unaufgeregten Münsterland ist „Haus“ oft ein gängiges Understatement für einen Herrensitz, nicht selten ein ausgewachsenes Wasserschloss.

So etwas haben wir in beiden Fällen: Haus Stapel ist eines der größten Wasserschlösser Westfalens. Der klassizistische Anbau ist komplett aus Sandstein erbaut. Auch Haus Havixbeck ist eher Schloss als Haus. Das Herrenhaus stammt aus der Renaissance-Zeit. Hier können Interessierte mit ein bisschen Glück und Organisationstalent über den Verkehrsverein zumindest in den Genuss einer Führung über das Außengelände kommen.


Der harte Job der Bildhauer

Nach den Gebäuden kommt die Kunst: Endstation unserer Tour ist das Baumberger-Sandstein-Museum. Das Museum ist stilecht auf dem Rabertshof angesiedelt, der seit dem 14. Jahrhundert nachweisbar ist, und steht selbst unter Denkmalschutz. Es zeichnet die Geschichte des Sandsteinabbaus nach und präsentiert Arbeiten vom Mittelalter bis in die Neuzeit.

Die fein gearbeiteten Exponate lassen uns beeindruckt zurück. Unsere Versuche werden hier sicherlich nicht landen: Klock-klock-klonk – auch der Nachwuchs-Entdecker ist nicht wirklich erfolgreich. Von einem Regen aus Steinsplittern umgeben, kämpft er mit einem recht harten Exemplar von Sandstein. Eine kunstvolle Form ist vorerst nicht erkennbar … Umso mehr wissen wir jetzt das Gesehene zu schätzen. Ob weitere Besichtigungstour oder Bildhauer-Kursus – wir kommen sicherlich wieder!


Entdecker-Info

Lust auf noch mehr Sandstein?

Ganz viel davon findet sich in Münster. Wir schlagen vor: auf unseren Spuren eine Tour durch die Stadt machen. Oder direkt in den Paulus-Dom mit seiner spektakulären astronomischen Uhr.

Einfach den Glühbirnen-Links folgen.

Entdecker-Tipp

*Werbung
Wenn es ums Münsterland geht, empfehlen wir auch stets Münsterland e.V., den Verein zur Förderung des Münsterlandes.
Auf der Homepage gibt es zahlreiche Urlaubs- und Ausflugsideen für das Münsterland. Die Palette reicht von entspannend über schmackhaft bis hin zu lehrreich und soll einfach Lust auf eine gute Zeit im Münsterland machen.

14 Comments

  1. Yasmin sagt:

    Eine wahrlich fabelhafte Entdeckerstory.
    Vieles war mir bisher gar nicht bekannt. Nun sind seit meiner Kindheit schon gefühlte Jahrhunderte vergangen. Ich erinnere mich noch mit Schrecken an die Tortur, als dickes Kind die Stufen des Turms erklimmen zu müssen. Aber es gibt auch wunderschöne Erinnerungen an meine Zeit in dieser Umgebung. Danke fürs Mitnehmen. 🤗

  2. Leo Geiger sagt:

    Hallo, liebe Ines Bianca, wieder eine fabelhafte Entdeckerstory, du musst nicht in die Ferne schweifen, denn das Gute liegt so nah. Es ist so cool zu sehen, wie ihr den Tag erlebt habt, das macht einfach Spaß zu lesen und steckt an, sich am nächsten Wochenende auf dem Weg zu machen. Danke, dass Ihr wieder Leben und Reisen.. oder besser Entdecken in unser Leben bringt, einfach Klasse! Liebe Grüße, euer großer Fan, Leo Geiger

    • Ines-Bianca sagt:

      Wow, lieber Leo, vielen Dank! Es ist für uns sehr schön zu sehen, dass unsere Fans uns treu geblieben sind und schon ungeduldig auf ein Wiedersehen bzw. „Wiederlesen“ 😉 gewartet haben. Das bestärkt uns, jetzt wieder Gas zu geben, nachdem wir in den letzten Monaten ein wenig vor den Rahmenbedingungen kapituliert haben. Also: Ran an neue Abenteuer mit ganz viel Entdeckerfreude!
      Euch ein schönes Wochenende!
      Ines-Bianca

  3. Silke Kords sagt:

    Was für eine wunderbare Story!
    Diesen Turm würde ich auch gerne besteigen, schon allein wegen der Aussicht!
    Aber auch der Stein an sich in seinen Formationen ist Kunst!
    Traumhafte Bilder sind das, in denen ihr eure Eindrücke festgehalten habt!
    Beeindruckt und mit Lust auf mehr lasst ihr mich zurück!
    Shille

    • Ines-Bianca sagt:

      Liebe Silke!
      Wenn Du das nächste Mal herkommst, besteigen wir den Longinusturm, versprochen!
      Die schönen Sandsteingebäude in der Münsteraner Innenstadt kennst Du ja – und auch unseren Kamin … 😉
      Hab einen guten Start in die Woche!
      Ines-Bianca

  4. Sehr spannend, vielen Dank fürs Mitnehmen. Grüße aus Salzburg ins Münsterland, Kristina

    • Ines-Bianca sagt:

      Liebe Kristina,
      oh, Salzburg! Da möchten wir auch gern bald wieder hin! Wenn Du mal im schönen Münsterland vorbei kommst – wir zeigen Dir gern ein paar besonders pittoreske Ecken wie diese!
      LG! Ines-Bianca

  5. Miriam sagt:

    Liebe Ines-Bianca,
    Na da gab es ja tatsächlich einiges zu entdecken. Ich wusste gar nicht, dass Sandstein in der Region so eine Bedeutung hat und es sogar ein Museum dazu gibt. Selbst in einem Steinbruch aktiv zu werden, stelle ich mir auch spannend vor. Wobei ich fast die Aussicht bevorzugen würde.
    Liebe Grüße von Miriam von Nordkap nach Südkap

    • Ines-Bianca sagt:

      Liebe Miriam,
      oha, Sandstein prägt hier ganz viele Gebäude, besonders sichtbar in der Münsteraner Innenstadt.
      Wir haben ihn selbst im Haus.
      Aber eine schöne Aussicht geht natürlich auch immer! 😉
      Viele Grüße!
      Ines-Bianca

  6. Tanja L. sagt:

    Oh wie toll ist denn der Beitrag! Meine beste Freundin kommt von dort, aber ich hatte noch nie Gelegenheit, mit ihr zusammen in ihre alte Heimat zu fahren. Aber ich glaube, ich muss das mal nachholen. Den Turm besteigen und die Uhus in den Steinbrüchen besuchen. Sie hat mir schon davon erzählt, deshalb war das keine Überraschung. Aber wie schön es dort ist, war mir wirklich nicht klar.

    • Ines-Bianca sagt:

      Liebe Tanja, das müsst Ihr unbedingt machen!
      In den Steinbruch kann man zwar nicht so ohne weiteres rein, aber auch drumrum gibt es ganz wunderbare Ecken. Hier im Münsterland sind zwischen den Feldern immer kleine Waldstückchen, wir sprechen von der „Münsterländer Parklandschaft“. Da kannst Du sicherlich tolle Fotos machen!
      Sagt gern Bescheid, wenn Ihr in der Nähe seid!
      Ines-Bianca

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner