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Österreichs letzter Hornkammmacher: Thomas Petz

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Zu Besuch beim Horkammmacher

Der Geruch ist gewöhnungsbedürftig. Zumindest im ersten Moment. Ein bisschen zwischen Hufschmied und nassem Hund, stellt die verwöhnte Besuchernase fest. „Ach, später merkt man das gar nicht mehr“, begrüßt Thomas Petz die Besucher lachend in seiner Werkstatt. Wo gehobelt wird, fallen eben Späne. Im übertragenen Sinn, was den Geruch anbelangt. Und in diesem Fall sogar wortwörtlich: Denn der Werkstoff des 33-jährigen Wieners sind Rinderhörner. Und bis die am Ende einen glänzenden Auftritt als Kamm, Haarspange oder Armreif hinlegen, sind einige Bearbeitungsschritte nötig.

Dürfen wir vorstellen: Thomas Petz ist der (derzeit) einzige Hornkammmacher Österreichs. Und heute schauen wir uns seine Werkstatt im 15. Wiener Gemeindebezirk Rudolfsheim-Fünfhaus an.

Was macht ein Hornkammmacher überhaupt?

Ganz einfach! Kämme aus Horn. Aus Rinderhorn, genauer gesagt. Wer jetzt an die gemütlichen Hornviecher auf saftigen österreichischen Almwiesen denkt, liegt allerdings falsch. „Ich würde gern auf einheimische Tiere zurückgreifen, aber die Hörner sind zu klein für unsere Zwecke“, erklärt der Wiener. Sein Rohstoff kommt stattdessen aus Afrika. „Im Grunde sind die Rinder- oder ganz selten auch einmal Büffelhörner ein Abfallprodukt der Fleischindustrie“, gibt Thomas Petz unumwunden zu. „Aber bei uns werden sie zu etwas ganz Besonderem!“

 

Der Klassiker sind Kämme aus Horn. Kleine Kämme, große Kämme, Stielkämme, Lockenkämme, Bartkämme: Die Bandbreite ist riesengroß.

Daneben gibt es aber auch noch andere Accessoires. Armreifen, Trinkbecher, sogar Handtaschen hat Thomas Petz im Angebot. Kleinode aus einem natürlichen Werkstoff, der - entsprechend bearbeitet - in allen Bernsteinschattierungen von Weiß über Karamell und Kastanienbraun bis Tiefschwarz schillert.

Nicht annähernd zu vergleichen mit der Plastikguss-Ware aus der Fabrik - und dennoch ist Hornkammmacher ein Beruf, der fast ausgestorben wäre. Warum? Und was hat den Wiener dazu gebracht, dem alten Handwerk neues Leben einzuhauchen?


 

Fünf Generationen von Hornkammmachern

Für die Beantwortung dieser Frage verweist Petz auf die Familiengeschichte: Seit fünf Generationen stellt die Familie Petz in Rudolfsheim-Fünfhaus Hornkämme her. „Mein Großvater Friedrich Petz war der letzte offizielle Hornkammmachermeister Österreichs“, schildert der Enkel. Doch als die Plastikware unaufhaltsam ihren Siegeszug antrat, wurde es immer schwerer für den Handwerker.

Zwar stemmten sich Friedrich Petz und seine Ehefrau Eleonore tapfer gegen die Konkurrenz, meldeten pionierhaft sogar ein Patent auf eine selbst erfundene Maschine zum Aufbrechen der Hörner an - doch das Geschäft wurde immer unwirtschaftlicher. „Also entschied sich mein Vater, einen anderen Beruf zu lernen - und wurde Zahnarzt“, erzählt Thomas Petz.

In den Fußstapfen des Großvaters

Da waren allerdings immer noch die Großeltern und ihr traditioneller Handwerksberuf. Eine faszinierende Welt für Petz, der schon als Kind zwischen Hornplatten und Schleifmaschinen seine ersten handwerklichen Versuche unternahm. Das schuf Eindrücke und Erinnerungen. Und irgendwann ließ der Gedanke Petz nicht mehr los, in Opas Fußstapfen zu treten und die inzwischen stillgelegte Werkstatt wiederzubeleben.

Mit 21 Jahren fiel der Entschluss: 2008 machte sich Petz ans Werk. Unter der Anleitung seines damals 80 Jahre alten Großvaters eignete er sich das Handwerk an. Nach dessen Tod brachte Petz die Werkstatt auf eigene Faust weiter auf Vordermann. Immer an seiner Seite: Großmutter Eleonore, die auch mit 86 Jahren noch einen Blick darauf hat, wie es läuft an ihrer alten Wirkungsstätte.


Ja, und wie läuft's als Hornkammmacher im Wien der Jetzt-Zeit?

„Gut!“, strahlt Thomas Petz. In einer Zeit, in der solides Handwerk wieder mehr Wertschätzung erfährt, wuchs der Kundenstamm stetig. Inzwischen hat der Wiener zahlreiche Geschäfte als Kooperationspartner gewonnen, die seine Waren an den Kunden bringen. Auch der Online-Shop hat inzwischen viele Fans. Außerdem betreibt die Familie ein eigenes Geschäft in der Grazer Innenstadt.

Petz‘ Lebensgefährtin Daniela Dockal ist ebenfalls in die Manufaktur eingestiegen. Sie hat ihren Job in der Apotheke an den Nagel gehängt - und bereut nichts: „Das macht den Reiz aus - beim Polieren zu sehen, welche Farbnuancen zum Vorschein kommen“, schildert sie, während sie einen Hornkamm an der Poliermaschine Stück für Stück zum Leuchten bringt. Sogar eine dritte Arbeitskraft hat Familie Petz inzwischen eingestellt. „Wir haben einfach mal über Facebook angefragt - und viele Interessenten gefunden“, schildert der 33-Jährige.

 
Die Mischung aus althergebrachter Handwerkskunst und modernem Design - sie kommt an.

Und dann ist da ja auch noch der ganz praktische Vorteil: „Kämme aus Horn laden sich - im Gegensatz zu Plastik - eben nicht elektrostatisch auf“, erklärt Petz. „Das ist ein viel angenehmeres Gefühl auf der Kopfhaut.“

 

Aus unscheinbaren Platten entstehen Kunstwerke: Schon als kleiner Junge war Thomas Petz fasziniert von dem Material, wenn er zu Besuch in der Werkstatt war.

Der große Vorteil des natürlichen Materials: Hornkämme laden sich nicht elektrostatisch auf. Das macht sie wesentlich angenehmer für die Kopfhaut als Plastik-Kämme.


Entdecker-Tipp

Die Werkstatt von Thomas Petz in der Nobilegasse können Besucher nur bei den jährlichen Adventsbasaren in Augenschein nehmen.

Allerdings ist der 15. Wiener Gemeindebezirk in vielerlei Hinsicht interessant. So gilt er als eines der multikulturellsten Viertel Wiens. Auf der belebten Mariahilfer Straße finden Spaziergänger Geschäfte jeder Couleur und die ganze Bandbreite der internationalen Küche. Rund um die Reindorfgasse versammelt sich die alternative und künstlerische Szene in Pop-up-Stores und und ausgefallenen Bars.

Entdecker-Dank

*Werbung
Unser Entdecker-Dank geht an das Team von Wien Tourismus, das diese Entdecker-Story im Rahmen einer gesponserten Recherchereise ermöglicht hat. Unsere Meinung bleibt davon selbstverständlich unbeeinflusst.

8 Comments

  1. Liebe Ines-Bianca,
    ich wusste gar nicht, dass es diesen Berufsstand überhaupt gibt! Gerade unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit, finde ich, dass man lieber ein paar Euro mehr, in ein einzigartiges Produkt investieren kann. Dies Kämme sind echte Unikate und der ganze Plastikmüll, den man sonst kaufen kann, landet eh meist nach kurzer Zeit in der Tonne. Wir versuchen gezielt diesen Schrott zu vermeiden, auch wenn es manchmal schwerer und teurer ist, ein plastikfreies Produkt zu finden. Deshalb ist es um so schöner, wenn jemand wie Thomas Petz, solche Handwerke wieder mit Leben erfüllt.
    Liebe Grüße

    Alex

    • Ines-Bianca sagt:

      Liebe Alexandra,
      da sind wir genau Deiner Meinung!!!
      Zum einen fanden wir diesen alten Handwerksberuf einfach toll. Zum anderen: Wenn wir schon Fleisch essen, dann sollte es eigentlich selbstverständlich sein, von einem Tier alle Teile zu verwerten! Leider sind wir ganz weit abgekommen von dieser Maxime. Hier, in dieser Werkstatt, lebt so viel an althergebrachten Werten wieder auf, gepaart mit so viel Charme und Freude am Design – deshalb gab’s natürlich eine Entdeckerstory! 🙂
      Liebe Grüße!
      Ines-Bianca

  2. Liebe Ines-Bianca,
    wow, was für ein spannender Artikel über einen außergewöhnlichen Beruf! Vielen Dank dafür, ich wusste ebenfalls nicht, dass es diese Berufsgruppe gibt. Und auch wir stehen auf nachhaltige Produkte und werden bei unserem nächsten Österrreich Urlaub sicherlich einen Abstecher zum Hornkammmacher machen. Ich kann mir vorstellen, dass so ein Kamm auch ein ganz wunderbares Geschenk für den Schwiegervater abgeben würde.
    VIele Grüße
    Birgitta

    • Ines-Bianca sagt:

      Liebe Birgitta! Das ist eine gute Idee! Schaut doch mal auf seine Homepage https://www.petz-hornmanufaktur.at … da findet ihr die Infos. In die Werkstatt kann man als normaler Besucher leider nur zu den Adventsbasaren – aber viele Geschäfte in Wien kooperieren mit ihm.
      Das mit dem Geschenk ist eine super Idee! Und er hat auch tolle Schmuckstücke für uns Hobby-Prinzessinnen! 😉
      Alles Liebe!
      Ines-Bianca

  3. Barbara sagt:

    Hallo Ines-Bianca,
    danke für den schönen Bericht! Ich liebe traditionelle Handwerkskunst und finde es schön, wenn Menschen wieder damit anfangen und dann auch wirklich ihr Auskommen damit haben. Plastikkämme finde ich auch nicht gut für die Haare (meine sind ziemlich dünn…), ich mag die aus Horn viel lieber.
    Bei der Herstellung habe ich mal zugeschaut – nicht lachen, echt: in China! Aber wo die ihr Material her hatten, weiß ich nicht. Im Nachhinein habe ich mich geärgert, dass ich nicht mehr Kämmer gekauft habe; bei einem ist nämlich ein Zacken abgefallen.
    Aber jetzt weiß ich ja, dass ich in unserem Nachbarland auch welche bekommen kann! 🙂
    Liebe Grüße
    Barbara

    • Ines-Bianca sagt:

      Liebe Barbara! Lass uns unser Leid teilen – ich hab auch Fusselhaare. ? Warum sollte ich lachen bei China?!? Klar sind die bekannt für Fabrikware – aber eben auch für althergebrachtes Handwerk. Diesen Fall hier fand ich einfach total charmant vor der Wiener Kulisse. Ein cooles Gesamtpaket! Liebe Grüße! Ines-Bianca

  4. Bruno sagt:

    Hi Ines,
    zuerst, mach mal den Schreibfehler aus der Headline 🙂
    Unabhängig davon würde ich sagen, nicht der letzte sondern der erste, der dieses traditionelle Handwerk mit modernen Vermarktungsstrategien betreibt. Ein Online-Shop findet sicher zur richtigen Zielgruppe. Und neben den Kämmen – nichts für meine Haarpracht 🙂 – finden sicher eine paar edle Hornprodukte alternativen Absatz.
    Auf jeden Fall mag ich solche Unternehmer
    Viele Grüße
    Bruno

    • Ines-Bianca sagt:

      Huhu! Dochdoch, Bruno – es gibt auch Lockenkämme … ? aber welchen Schreibfehler sehe ich denn nicht? Meinst du die drei „m“ ? Das ist wie „Schifffahrt“ – die neue Rechtschreibung will es so! Genauso wie die „Entdeckerstorys“ ein „y“ haben müssen laut Duden. ? LG! Ines-Bianca

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