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1. Mai 2018Was macht ein echter britischer Dandy an der Schwelle zum Erwachsenwerden? Natürlich eine "Grand Tour"!
I n diesem Fall sind es gleich drei junge Snobs, die sich 1925 auf den Weg durch Europa machen. Ihr Ziel: die Akropolis. Ihr Vehikel: ein offener, blaugrauer Tourenwagen der Marke "Sunbeam", den die Schnösel nach der römischen Jagdgöttin Diana benannt haben.
Gebildet und von vornehmem Geblüt sind sie alle. Einer hat jedoch einen besonders berühmten Verwandten, der den drei Briten während der Tour nach Griechenland noch so manche Tür öffnen wird: Robert Byron ist ein Nachfahre des englischen Dichters und in Griechenland verehrten Heldens Lord Byron. Die anderen beiden "menschlichen Bestandteile der Expedition" sind Simon O'Neill und David Heniker; Internat und Universität haben die Truppe zusammengeschweißt.
„Sie müssen nun auf der rrechten Seite fahrren. Dies ist nicht mehr Eng-Lant. Ha, ha, ha. He, he, he!”
Berlin in The Roaring Twenties
Nach der Überfahrt startet die Tour in Deutschland. Hamburg macht auf die Briten noch einen recht mondänen Eindruck. "Dort herrschte ungeheures Treiben", stellt Byron am Kai fest. Im Hotel stößt zwar der "hässliche, preußischblaue Stoff" auf wenig Gegenliebe, aber immerhin: "Das Essen war gut." Weiter geht es Richtung Berlin. Die beschaulichen Dörfer fallen den Engländern ins Auge, noch mehr aber die furchtbaren Straßen. Deutschland erscheint den britischen Besuchern offenkundig zurückgeblieben: "Leichte Sportwagen sind faktisch unbekannt."
Das ändert sich auch in Berlin zunächst nicht: 1925 ist Berlin eine DER Metropolen der "Roaring Twenties". Die drei Snobs auf Reisen hingegen finden kein Café zum Vergnügen, schon gar nicht vor 18 Uhr. "Berlin ist noch nicht der Sittenlosigkeit des nachmittäglichen Amüsements verfallen." Schließlich werden die drei Freunde doch noch fündig und schmeißen in der Berliner Unterwelt eine Lokalrunde mit Champagner: "Wir trugen Abendgarderobe und hatten durchaus den Eindruck, das Niveau Berlins zu heben."
Auch der Rest von Deutschland mag die noblen Insel-Touristen nicht wirklich begeistern: Die Wandervogel-Bewegung irritiert die Dandys sichtlich, insbesondere deren Geruch. Über holprige Straßen geht es weiter nach Österreich, wo zumindest Mozart punkten kann. So arbeiten sich die jungen Engländer langsam voran, besichtigen allerlei Kulturstätten, verköstigen allerhand Alkoholisches, erholen sich von strapaziösen Etappen in luxuriösen Hotel und überstehen so manche Reifenpanne und Verlade-Aktion mit ihrer Diana. Und tatsächlich kommen sie am Ende mit ihrem sperrigen Gefährt sogar am gewünschten Ziel an ...
Entdecker-Meinung: Europa 1925 durch die Brille eines 21-jährigen englischen Snobs zu erleben, ist eine spezielle Erfahrung. Den ganz besonderen Charme dieses Buches macht jedoch seine liebevolle Aufmachung mit Bleistift-Skizzen aus Byrons Nachlass aus.
Der Traum von Europa, der nicht hält, was er verspricht ...
"Europa 1925" - oder wie es im Original heißt "Europe in the Looking Glass" - blieb nicht die letzte Reisebeschreibung Robert Byrons. 1935 erschien seine fiktive Satire "Innocence and Design", die von Persien handelt. 1937 sollte Byron noch einmal ein Stückchen Literaturgeschichte schreiben mit seinem Bericht "The Road to Oxiana".
Schon bald allerdings sollte das Leben des Engländers, der in "Europa 1925" noch so unbeschwert den europäischen Geist über alle Grenzen hinweg genossen hat, in genau dem Krieg enden, in dem Grenzen so wichtig wie selten zuvor geworden waren: Als Kriegsberichterstatter auf dem Weg nach Persien wurde sein Schiff am 24. Februar 1941 westlich der Färöer von einem deutschen U-Boot versenkt.
Der Satz, mit dem er seinen Reisebericht über Europa beschließt, hatte sich auf perfide Art und Weise ins Gegenteil verkehrt:
Ich beugte mich vor, wärmte meine Hände an den Holzscheiten und spürte, wie sich ein neues Bewusstsein rührte: das Bewusstsein, nicht nur Engländer zu sein, sondern auch Europäer.